Gesetzliche Privatrente à la Lindner

Der Rettungsplan für das deutsche Finanzgewerbe, die “Riester Rente” hat ausgedient. Hohe Provisionen und niedrige Renditen haben die Saga vom reichmachenden Staatszuschuss inzwischen so weit zerstört, dass kaum noch Neuverträge abgeschlossen werden. Also muss Ersatz her. Herr Lindner, offenbar in der Bundesregierung jetzt auch für Soziales zuständig, hat so etwas wie einen Plan vorgelegt.

Warum ausgerechnet jene, die es sich leisten können, neben den Zwangsabgaben für die gesetzliche Rentenversicherung auch noch privat für das Alter vorsorgen zu können, mit staatlichen Zuschüssen belohnt werden sollen, erschließt sich weder auf den ersten, noch auf den zweiten Blick. Das Problem der gesetzlichen Rentenversicherung zeigt sich doch an ganz anderer Stelle, nämlich bei jenen, deren Rentenansprüche aufgrund der Besonderheiten ihrer Erwerbsbiografie unterhalb der Sozialhilfe-Sätze bleiben. Dass es in diesen Erwerbsbiografien oft genug nicht an den Jahren der Beitragszahlung fehlt, sondern dass es wegen der niedrigen Löhne an den Beitragspunkten mangelt, sollte nicht eigens erwähnt werden müssen. Dass in Deutschland inzwischen 684.000 Rentner neben der Rente Sozialgeld beziehen – vor einem Jahre waren es noch 594.000 – ist ein klarer Hinweis darauf, dass diese – wachsende – Gruppe von den geplanten Zuschüssen zur privaten Altersvorsorge kaum profitieren wird. Ganz abgesehen von jenen Rentnern, die zwar anspruchsberechtigt wären, aber darauf verzichten, diesen Antrag zu stellen.

Mit der Förderung privater Geldanlage bei Finanz- und Versicherungsinstituten wird zwar einerseits die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Altersbezüge insgesamt ausreichen, um die Abstriche am gewohnten Lebensstandard gering zu halten, andererseits wird aber der Realwirtschaft Liquidität und damit Kaufkraft entzogen, und zwar in Höhe der Eigenleistung der Sparer und des staatlichen Zuschusses, denn beides verschwindet zunächst einmal in der Sphäre der Finanzwirtschaft, wo man glücklich ist, diese Mittel als Spekulationsmasse zur Gewinnmehrung zur Verfügung zu haben. Dies in eine beginnende Rezession hinein vorzuschlagen, ist so ziemlich das Gegenteil eines sinnvollen antizyklischen Verhaltens. Der Plan B, nämlich 10 Milliarden Euro Schulden aufzunehmen, um damit einen Aktienstock zu finanzieren, der wiederum zur Absicherung der gesetzlichen Rente dienen soll, was zu Niedrigzinszeiten vielleicht noch sinnvoll gewesen wäre, hat die gleiche negative Auswirkung auf die Liquiditätsversorgung.

Mir erschiene es sehr viel sinnvoller, allen Deutschen die Möglichkeit zu geben, die Höhe ihrer Altersrenten durch freiwillige Einzahlungen auf ihr Rentenkonto in einem gewissen Rahmen selbst mitbestimmen zu können. Die freiwillige Versicherung ist bisher nur für nicht Pflichtversicherte möglich, Mini-Jobber können freiwillige Einzahlungen auf ihr Rentenkonto leisten und mindestens 50-Jährige, die bei vorgezogener Altersrente mit Abschlägen rechnen müssen, können dies durch Sonderzahlungen kompensieren.

Warum diese Möglichkeiten auf diese Kreise von Berechtigten beschränkt sind, und warum Staatszuschüsse an den Abschluss von Verträgen mit privatwirtschaftlich-gewinnorientierten Unternehmen gebunden sind, lässt sich eigentlich nur dadurch erklären, dass zusätzliche Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung für keinen Finanzdienstleister einen Gewinn abwerfen.

Oder?