Heiner Flassbeck, die Preise und die Inflation

Wenn Heiner Flassbeck hier über die jüngst gefallenen Erzeugerpreise referiert, dann könnte man zu der Überzeugung gelangen, die Wirtschafts-, Außen- und Verteidigungspolitik der Bundesregierung sei – nach einer kleinen Delle – spurlos an der deutschen Wirtschaft vorübergegangen.

Dass er sich mit dieser Begründung für Zinssenkungen der EZB ausspricht, ist m.E. falsch, auch wenn Zinssenkungen sicherlich sinnvoll wären, um die Auswirkungen der Teuerung wenigstens soweit zu kompensieren, wie das der EZB möglich ist.

Noch einmal, wie schon so oft:

Teuerung ist, wenn die Waren knapp werden, unabhängig von der verfügbaren Liquidität, die – wegen der Teuerung in bestimmte Sektoren abgezogen – für die übrigen sogar schrumpfen kann.

Inflation ist, wenn die Liquidität das Warenangebot übersteigt, das wegen der Inflation sogar wachsen kann, und die Nachfrager sich im Wettbewerb untereinander mit ihren Preisangeboten überbieten.

Wir haben einen Zustand erreicht, in dem Energie knapp ist, in dem Stahl, Baustoffe, Düngemittel und vieles mehr knapp sind, sogar bei den Fachkräften gibt es eine Knappheit.

Dies hat dazu geführt, und das sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die Flassbeck nicht erwähnt, dass der Erzeugerpreis-Index (Basis 2015) vom Jahresdurchschnitt 2021: 114,7 auf einen Wert von 172,5 im September 2022 angestiegen ist. Der Jahresdurchschnitt 2022 lag bei 152,4.

Stand Juli 2023 liegt der Erzeugerpreisindex bei 147 Punkten.

Das heißt nicht weniger, als dass die Erzeugerpreise im Juli 2023 um 28 Prozent höher lagen als im Jahresdurchschnitt 2021.

Der von Flassbeck als Referenz für den “Preisverfall” offenbar herangezogene September 2022 (172,5) gaukelt einen Preisabsturz vor, der aus dem Jahresdurchschnitt absolut nicht hergeleitet werden kann. Dieser Peak, der mit den Verwerfungen auf den Weltmärkten, vor allem mit dem Ausstieg Deutschlands aus der Versorgung mit russischem Gas und Öl einhergegangen ist, konnte glücklicherweise entschärft werden. Geblieben ist eine Sockel-Teuerung bei den Erzeugerpreisen von ca. 14 bis 15 Prozent p.a., bezogen auf das Basisjahr 2021.

Das ist kein Grund zum Jubel, und es ist keine Basis, um einen weiteren, steilen Preisrutsch zu prognostizieren. Am 1. Oktober treten die Ausgleichsabgaben für viele importierte Rohstoffe und Güter in Kraft, deren Produktion mit erheblichen CO2-Emissionen verbunden ist. Ab 2024 werden pro Tonne CO2-Ausstoß in Deutschland 40 Euro als “Klimaabgabe” fällig.

Zwei Maßnahmen, die sich enorm kostentreibend auswirken werden und – in Verbindung mit den viel zu hohen Strompreisen – zu neuen Verwerfungen in der Wirtschaft führen werden.

Nämlich

  • Produktionsstillegungen und Verlagerungen ins Ausland,
  • Massiv sinkende Kaufkraft, die sich in allen Branchen auswirken wird,
  • Ruinöse Preissenkungen (!) im Wettbewerb um die noch zahlungskräftigen Kunden, Deflation
  • Insolvenzen

Es wird nicht reichen, die Zinsen zu senken, um die Rezession zu überwinden, solange EU und Bundesregierung nicht damit aufhören, der Wirtschaft und den Konsumenten mit ihren Maßnahmen zur CO2-Reduzierung immer neue Kostenlasten aufzubürden.

Was die CO2-Reduzierung unter dem Strich bringt, habe ich heute in meinem Tageskommentar “Nachhilfe für die Bundesregierung” am Beispiel des Gebäudeenergiegesetzes dargestellt.