Texas, Februar 2023

Im bisher heißesten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, und es sei darauf hingewiesen, dass der Beginn der diesbezüglichen Aufzeichnung wohl auf das Jahr 1940 zu datieren ist, kam es in Texas zu einem Kälteeinbruch.

Sie, ja SIE, hätten davon erfahren können. Der SPIEGEL hat in der Rubrik “Vermischtes”, die beim SPIEGEL “Panorama” heißt, davon erzählt:

“Millionen Menschen hatten weder Elektrizität noch Heizung.” – “Millionen Menschen mussten bei eisigen Temperaturen ohne Strom ausharren.” – “Nun teilte das texanische Gesundheitsministerium mit, dass die Zahl der Todesopfer nach der Kältewelle im Februar bei mindestens 111 Menschen liege.”

Wie gesagt, Sie hätten davon erfahren können. Der SPIEGEL hat die “Millionen Menschen” sogar noch präzisiert: 4,4 Millionen Menschen waren ohne Strom. Außerdem wusste der SPIEGEL seinen Lesern die Botschaft unterzujubeln, dass fast zwei Drittel der Ausfälle auf die Energieträger Gas, Kohle und Atomkraft zurückzuführen waren. Juchhei! Ohne die Erneuerbaren wäre also das letzte Drittel auch noch ausgefallen!

Fake! Steifgefrorene Windräder und tief verschneite Solarzellen dürften genau null Kilowattstunden Strom geliefert haben und deshalb die konventionellen Kraftwerke, soweit nicht die Leitungen unter der Last von Eis und Schnee sowieso schon gebrochen waren, mit in den Abgrund gerissen haben.

Es ist halt so, dass auch funktionierende Kraftwerke vom Netz genommen werden müssen, wenn wegen des Ausfalls anderer Energiequellen die Netzfrequenz zu weit absinkt. Ich wette, dass das letzte Drittel der texanischen Stromversorgung auch aus konventionellen Kraftwerken stammte.

Aber, wie gesagt, das war zu Beginn des heißesten Jahres seit Beginn der Aufzeichnungen und diese Delle in der Wetterstatistik ist durch den heißen Sommer längst wieder ausgebügelt.

Sie hätten aber auch erfahren können, dass es im Jahr zuvor kaum anders ausgesehen hat. Die Frankfurter Rundschau berichtete im Februar 2022 von Winterstürmen in den USA, von mehr als 4 Millionen Menschen in Texas, die ohne Strom sind und nicht heizen können.

Aber noch etwas hat die FR ausgegraben, nämlich die Stromrechnungen der Texaner, die explosionsartig in astronomische Höhen geschossen sind.

Die FR verrät auch, wie es dazu gekommen ist:

“Der Strommarkt in dem Bundesstaat im Süden der USA ist stark dereguliert und bei bestimmten Anbietern an den schwankenden Großhandelspreis gebunden. Als infolge des Extremwetters vielerorts der Strom ausfiel und die Nachfrage das Angebot überstieg, habe dies bei betroffenen Kunden zu einem „astronomischen“ Anstieg der Kosten geführt.”

Womit wir im Zuge dieser Betrachtung endlich in Deutschland und bei unserer geliebten Ampel und der Wärmepumpe angekommen sind.

Richtete sich die Kritik an Habecks Wärmepumpen-Ukas bisher hauptsächlich gegen die irrsinnigen Kosten, mit denen Millionen Hausbesitzer belastet und ihre Immobilien, oft genug wesentliches Standbein der Altersvorsorge, entwertet werden, während sich hier und da auch ein hämisches Grinsen einmischte, mit dem Hinweis, dass nicht nur die Handwerker, die Installateure fehlen, die gebraucht werden, um die Wärmepumpen einzubauen, sondern dass es eben auch am Strom mangelt, diese zu betreiben, so blieb die gedankliche Brücke, hin zum Blackout, doch weitgehend unbesetzt.

Um es ganz dezidiert auf den Punkt zu bringen: Jede einzelne Wärmepumpe, die eingebaut wird, und jedes einzelne E-Mobil, das zugelassen wird, tragen zu einer Zunahme des Stromverbrauchs bei.

Und: Bereits seit der Abschaltung der letzten drei Kernkraftwerke im Frühjahr, ist Deutschland Netto-Strom-Importeur.

Sicherlich, die bestehende Lücke hat ihre Ursache weitgehend darin, dass Importstrom billiger zu haben ist als jener Strom, der durch die Reaktivierung von Kohlekraftwerken auch im Inland noch erzeugt werden könnte. Aber was sagt uns die frohe Kunde, dass Habeck die “Dreckschleudern”, wie man in grünen Kreisen zu sagen pflegt, bereits wieder aus der Versorgungsreserve geholt hat? Diese frohe Kunde sagt uns nichts anderes, als dass die sonnigen, windigen Zeiten in Europa zu Ende gehen und der Winter vor der Tür steht. Das bedeutet, dass überall der Energiebedarf ansteigt und unsere großzügig einspringenden Nachbaren ihren steigenden Strombedarf zuerst selbst decken werden, bevor sie ans Exportieren denken.

Habeck argumentiert ein bisschen anders. Er sagt, er will die Kohlekraftwerke laufen lassen, um Gas zu sparen.

Hä?! Sagt nicht der gleiche Habeck, die Gasspeicher seien schon vier Wochen vor dem vorgeschriebenen Termin zum Bersten voll? Doch. So was sagt der gleiche Habeck auch. Daraus geht hervor, dass er tatsächlich selbst begriffen haben könnte, dass die Gasspeicher eben nicht jene Gasmenge enthalten, die ausreichen würde, um damit über den Winter zu kommen, sondern nur jene Gasmenge, die einst – bei kontinuierlicher Belieferung mit russischem Pipeline-Erdgas – ausreichen sollte, um den winterlichen Mehrbedarf zu decken.

Wie es um die Sicherstellung der Gasversorgung mit LNG für diesen Winter bestellt ist, weiß ich nicht. Ob der Fortschritt der Deindustrialisierung auch im Winter ausreicht, um die Gaslücke zu schließen, weiß ich auch nicht, doch – die Reaktivierung der Kohlekraftwerke, die größte Sünde wider den grünen Geist, der man sich in Deutschland schuldig machen kann – deutet darauf hin, dass die Unsicherheit ziemlich groß sein muss.

Vielleicht hat Habeck auch gehört, dass man in Meteorologenkreisen derzeit besorgt nach Norden blickt, wo es so aussieht, als könnte der Polarwirbel, jene kräftige, kreisförmige Windströmung, die die arktische Kälte über der Arktis gefangen hält, in diesem Jahr mehr als üblich schwächeln und Kälteausbrüche bis weit in die gemäßigten Zonen zulassen.

Kleiner Hinweis am Rande:

Berlin liegt 2.195 Kilometer weiter nördlich als Dallas, Texas.

Sprechen wir also von einem Elektrizitätsversorgungs-Kipppunkt:

Wo die Stromversorgung gerade noch ausreicht, um das bisschen zusätzlichen Strom zu verkraften, den Öl- und Gasheizugen während der Heizperiode benötigen, um vor allem die Umwälzpumpen zu versorgen, wird der sehr viel höhere, zusätzliche Strombedarf der Wärmepumpen schon dann zum Problem, wenn die Differenz zwischen Außen- und Innentemperaturen noch klein genug ist, um die Wärmepumpe nicht schleichend in eine Elektro-Direktheizung zu verwandeln, was aber keineswegs auszuschließen ist.

Die Technologie, die erforderlich ist, um auch in Deutschland die Stromrechnungen explosionsartig in astronomische Höhen treiben zu können, heißt “Smart Meter” und soll die “angebotsorientierte Stromversorgung” ermöglichen, also die Abrechnung von abschreckend hohen Preisen bei geringem Stromangebot – und zur Not auch die totale Stromabschaltung.

Man könnte es noch krasser ausdrücken:

Wärmepumpen sind eine Hochrisikotechnologie für die Stabilität des Stromnetzes.

“Kipppunkt Energiewende” ist am 25. September 2023 erschienen. Mehr erfahren.